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11. Januar 2021

Selbstorganisierte Synchronisation für technische Systeme

Wenn Menschen in Gruppen tanzen, Fische in Schwärmen schwimmen und Neuronen im Gleichklang feuern, dann braucht es Synchronität. In technische Systemen kann es zu „Deadlocks“ kommen, bei denen der Synchronisationsvorgang blockiert ist. Eine neue Publikation zeigt neue Ansätze auf.

Wenn Menschen in Gruppen tanzen, Fische in Schwärmen schwimmen und Neuronen im Gleichklang feuern, dann braucht es Synchronität. Die Welt ist voller solcher Phänomene. Und viele davon scheinen magisch. Wissenschaftler*innen versuchen, diese selbstorganisierte Synchronisation für technische Systeme nachzubauen. Dabei stoßen sie jedoch auf „Deadlocks“, bei denen der Synchronisationsvorgang blockiert ist. Eine neue Publikation in Physical Review E zeigt nun neue Ansätze auf.

Womit sich Arke Vogell, Udo Schilcher und Christian Bettstetter beschäftigen, ist sehr theoretisch. Es lässt sich aber mit einem menschlichen Beispiel veranschaulichen: Eine Clique trifft sich zu einem gemeinsamen Abend in der Kneipe. Dabei kommt es zu einem Streit. Am Folgetag wenden sich alle mit ihren jeweiligen Versionen des Streits an eine Freundin, die an diesem Abend nicht dabei sein konnte, nennen wir sie Alice. Die Streitenden senden unentwegt Nachrichten an Alice, aber reden nicht untereinander. Alice will eigentlich den Streit schlichten, kann dies aber nicht tun, weil sie unentwegt Nachrichten erhält. Es kommt zu einem Deadlock; das System ist blockiert und es wird keine Lösung gefunden.

In der aktuellen Publikation, die die drei Forscher vorgelegt haben, sind es Oszillatoren, die immer wieder einen internen Zyklus durchlaufen und jedes Mal eine Nachricht schicken, wenn sie an einer bestimmten Stelle vorbeikommen. Zu Beginn sind alle asynchron; ihre Nachrichten senden sie an eine zentrale Stelle. Eigentlich sollten sie zunehmend synchroner werden, doch durch die Häufigkeit der Nachrichten entsteht, wie im oberen Beispiel, ein Deadlock.

„Eine offensichtliche Lösung des Problems ist, dass die Nachrichten seltener, nur noch mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit, gesendet werden“, erklärt der Erstautor der Studie, Arke Vogell, der als Doktorand am Institut für Vernetzte und Eingebettete Systeme der Universität Klagenfurt arbeitet. Gehen genug Nachrichten „verloren“, wird der Deadlock irgendwann überwunden. Implementiert man keine solche Lösung, müssen Systeme, um sie in diesem Sinne selbstorganisiert zu synchronisieren, meist schon fast synchron sein. Dies sei, so Vogell, eine starke Annahme und würde die Möglichkeiten einschränken. Das Forschungsteam habe daher berechnet, wie hoch die Wahrscheinlichkeit eines Deadlocks überhaupt sei. Das Ergebnis: „Die Wahrscheinlichkeit hängt davon ab, wie stark die Systeme reagieren, wenn sie Nachrichten von den anderen bekommen. Reagieren sie schwächer, ist die starke Einschränkung nicht nötig.“ Für sternförmige Netzwerke können sich Systeme also für viel mehr Anfangszustände synchronisieren. Die Forscher weisen in ihrer Publikation aber auch darauf hin, dass es in komplexeren Netzwerken noch andere Hindernisse zu überwinden gilt, die eine Synchronisation verhindern.

Details zur Publikation:

Arke Vogell, Udo Schilcher, and Christian Bettstetter. Deadlocks in the Synchronization of Pulse-Coupled Oscillators on Star Graphs. Physical Review E 102, 062211, 14.12.2020, https://link.aps.org/doi/10.1103/PhysRevE.102.062211.

Kontakt & Information

Dr. Romy Müller
UNI Services | Forschungskommunikation

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