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3. Juli 2019

Bildung einst und jetzt

Bildung kann nicht losgelöst von den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen betrachtet werden, denn sie findet nicht im „luftleeren“ Raum statt. Auch ist dies niemals ein „Reinraum“, sondern wir befinden uns im Gegenteil in einer von Vorurteilen, Glaubenssätzen, Ideologien und simplem Unwissen überfluteten Welt.  

Was eine Gesellschaft als Bildung definiert, ist damit aber immer auch von diesem Umfeld abhängig. Und was man persönlich als Bildung definiert, hat immer auch mit der eigenen Genese in diesem Umfeld zu tun. Niemals zuvor in der Menschheitsgeschichte war dieses Umfeld so vielfältig, widersprüchlich und damit auch beunruhigend, wie dies in Zeiten der Globalisierung und Digitalisierung der Fall ist. Um die Welt wieder verständlicher zu machen, ist die Versuchung groß, auf einen Bildungsbegriff zurückzugreifen, wie es ihn in einer gewissen gesellschaftlichen Schicht bereits früher gab. Abgesehen davon, dass dieser schichtspezifisch war, konnte er auch zum Beispiel nicht verhindern, dass humanistisch gebildete Eliten in Massen den Nationalsozialismus oder andere Totalitarismen umarmten. Geistesbildung kann niemals vor Fanatismus schützen, wenn die Herzensbildung fehlt. Und diese kann letzten Endes hauptsächlich nur in den Familien erfolgen.

Ob wir eine gegenüber dem Neuen und Fremden positive oder negativere Einstellung haben, entscheidet sich in den ersten Lebensjahren eines Kindes innerhalb der Familie. Wenn Neugier und Offenheit belohnt werden, hat das Kind die besten Voraussetzungen, ein wissbegieriger und lernwilliger Erwachsener zu werden, der die Fülle an Angeboten und Herausforderungen, die heutzutage auf ihn einströmen, nicht in erster Linie als Bedrohung, sondern als Chance sieht.

Von Natur aus sind Kinder neugierig und wissbegierig. Sie wollen an der Welt der Erwachsenen teilhaben. Wenn sie bereits als Baby mitbekommen, welche Bedeutung zum Beispiel das Smartphone für ihre Eltern hat, dann ist es sinnlos und kontraproduktiv, es ihnen als „böses“ und gefährliches Gerät jahrelang vorzuenthalten, denn damit gewinnt es nur an Faszinationskraft, sofern man das Kind nicht völlig einschüchtert.

Digitale Geräte sind heutzutage zeitgemäße Werkzeuge, deren Chancen es zu nutzen und vor deren Gefahren es sich zu schützen gilt. Sie können wunderbar zur Bildung genutzt werden, unreflektiert und unbegleitet aber natürlich auch fürchterlich in die Irre führen. Eltern und Bildungseinrichtungen haben die Verantwortung, den Kindern den richtigen Umgang damit beizubringen. Sich vor dieser Verantwortung zu drücken, ist unverantwortlich und lässt die Kinder in einer als zunehmend bedrohlich empfundenen Welt unbegleitet allein.  

Digitale Werkzeuge können – richtig genutzt - dem Menschen helfen, sich zu emanzipieren, sich selbst ein Bild von der Welt zu machen und damit die Bildung in einem viel größeren Ausmaß zur „Selbstbildung“ zu machen, als dies jemals in der Geschichte der Fall war. Nicht umsonst sind sie deshalb totalitären Regierungen oft ein Dorn im Auge, werden eingeschränkt oder mit Desinformation kontaminiert. Aber leider müssen wir uns damit abfinden, dass jedes Werkzeug auch missbraucht werden kann.

Das Werkzeug für den Missbrauch verantwortlich zu machen, ist aber zu kurz gedacht. Der Missbrauch erfolgt durch Menschen, welche anderen Menschen vorschreiben wollen, was sie zu denken und zu tun haben. In autoritären Umfeldern groß gewordene Menschen können kaum der Versuchung widerstehen, Macht über andere Menschen ausüben zu wollen, sobald sie die Chance dazu haben. Der beste Schutz einer Gesellschaft vor solchen Entwicklungen besteht aus einer Vielfalt von „selbstgebildeten“ Menschen, welche jeder Ideologie misstrauen und auch sich selbst gegenüber kritikfähig bleiben.  

Bildung in einer globalisierten Welt ist keine einfache Aufgabe, denn zum Beispiel einen „Kanon“ an Büchern vorzuschreiben, den alle „abarbeiten“ müssen, wird angesichts der Fülle der zugänglichen Weltliteratur immer schwieriger. Zusätzlich stellt sich die Frage, welche Werke angesichts der immer schnelleren Veränderung der Gesellschaft der Jugend überhaupt noch etwas sagen können, in ihren Köpfen noch Resonanz finden und für ihre Zukunft noch Bedeutung haben. Und – kritisch betrachtet – hat das in der Vergangenheit wirklich immer gut funktioniert? Waren da immer alle Schüler und Schülerinnen einer Klasse von Göthe total hingerissen?

Gerade weil Literatur etwas fundamental Wichtiges und Geistformendes ist, ist es entscheidend, Werke zu finden, welche diese Aufgabe bei der Jugend auch wirklich übernehmen können. Hier eine gute Auswahl zu treffen und auch überzeugend vermitteln zu können, ist eine zentrale Herausforderung für jede Lehrperson. Ohne Auswahlmöglichkeiten und Kompromisse wird das schwer möglich sein, besonders wenn wir die Selbstständigkeit und „Selbstbildungsfähigkeit“ der Jugend fördern wollen. Ob die Werke dann auf Papier oder als eBook gelesen werden, ist wohl eher eine reine Geschmackssache.

Aber auch der Schritt vom Konsumenten von Literatur zum Produzenten ist einfacher geworden. In entsprechenden Internetforen lassen sich eigene Werke hochladen, kommentieren und diskutieren. Diese Möglichkeit des Austausches gibt es jetzt natürlich nicht nur im Bereich der Literatur, sondern in vielen anderen Bereichen, zum Beispiel der Technik, wodurch ein breites Spektrum an Interessen und Talenten abgedeckt wird. Es gibt Kinder, welche sich durch Betrachten von youtube-Videos eine englische Aussprache wie Native Speakers beigebracht haben, oder welche Opernarien professionell nachsingen und dies auch vorzeigen können.  

Die digitale Welt hat uns Bildungsszenarien eröffnet, welche bis vor wenigen Jahren noch undenkbar waren. Virtuelle Welten, in die wir eintauchen und die wir erkunden können, eröffnen neue Perspektiven und neue Entfaltungsmöglichkeiten, bereichern unsere Phantasie und erweitern die Möglichkeiten des Menschseins, wenn wir das richtig nutzen.

Edmund Huditz

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Mag. Edmund Huditz
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E-Mail: edmund.huditz@bildung-ktn.gv.at  Mobile: +43 (0) 664 3057055

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E-Mail: sonja.morak@eeducation.at

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eEducation Bundeslandkoordination NMS+PTS
E-Mail: herbert.rainsperger@eeducation.at

Mag. Thomas Enzi
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10. -Oktober-Straße 24
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